Seit einigen Jahren wird in Kanada und Frankreich ein neuer Ansatz im Strafvollzug erprobt: die restaurative Justiz. Dabei kommen Täter und Opfer einer Straftat in einer sicheren Umgebung
zusammen, um unter der Leitung von Mediatorinnen und Mediatoren über das Geschehene zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Der Film "All Eure Gesichter" (Frankreich 2023, seit 14.12.2023 in den deutschen Kinos) von Jeanne Herry zeigt, wie dieser Ansatz in der Praxis umgesetzt werden kann. In dem Film treffen drei
Häftlinge (Thomas, Nassim und Issa), die wegen unterschiedlicher Straftaten verurteilt wurden, auf drei Opfer (Sabine, Nawelle und Grégoire). Die Gespräche sind geprägt von Unsicherheit, Wut und
Schmerz. Doch nach und nach gelingt es den Beteiligten, sich zu öffnen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Auch Chloé leidet noch immer an den Folgen des Missbrauchs durch ihren älteren Bruder und fragt um Rat nach. Als sie den Mut fand, ihn anzuzeigen, da war sie erleichtert, verlor aber auch ein
Familienmitglied. Jetzt sucht sie von neuem nach Mut, weil sie ihm nach seiner Gefängnisstrafe nicht zufällig über den Weg laufen will.
Für die Opfer kann die restaurative Justiz eine Möglichkeit sein, sich mit dem Erlebten auseinanderzusetzen und einen Weg zu finden, mit der Vergangenheit zurechtzukommen. Die Täter können
lernen, die Folgen ihrer Taten zu verstehen und Verantwortung zu übernehmen. Und für die Gesellschaft kann die restaurative Justiz dazu beitragen, dass sich Opfer und Täter wieder annähern.
Der Film "All Eure Gesichter" ist ein anschaulicher und wichtiger Beitrag zur Diskussion um die restaurative Justiz. Er zeigt, dass dieser Ansatz ein vielversprechendes Mittel sein kann, um die
Folgen von Straftaten zu bewältigen.
Kritik:
Der Film ist insgesamt sehr gelungen. Er zeigt die restaurative Justiz in all ihren Facetten: die Unsicherheiten und Ängste der Beteiligten, die Hoffnung auf Heilung und die Herausforderungen,
die es zu bewältigen gilt.
Allerdings gibt es auch einige Kritikpunkte. So wird der Film teilweise als zu hoffnungsvoll kritisiert. Tatsächlich ist es nicht immer möglich, dass Täter und Opfer ein klärendes Gespräch führen
können. In manchen Fällen ist es auch nicht im Interesse des Opfers, dem Täter gegenüberzutreten.
(Quellen: Alpa Kino, Bard)